Vom Rechtsrock und der AfD

In Kempten will Frei.Wild ein Konzert geben, was wir selbstverständlich nicht gutheißen. Wir zeigen uns solidarisch mit React!OR und Allgäu Rechtsaußen, die sich gegen das Konzert engagieren und Aufklärung betreiben. In unser Beschäftigung mit dem Festival mit Laichingen sind einige Texte entstanden, die wir an dieser Stelle nochmal zum Besten geben.

Wir haben es uns erlaubt statt „Rechtsruck“ von einer Rechtsentwicklung zu schreiben (kleine Änderung am Original), da in unseren Augen es in der BRD es schon immer rechtes Gedankengut gab und sich auch immer wieder in Erfolgen von rechten Parteien zeigte. (Beleg)

Wir danken der Alboffensive für folgenden Redebeitrag:

Vom Rechtsrock zur Rechtsentwicklung

Hallo, wir sind die Alboffensive, eine antifaschistische Gruppe aus dem Zollernalbkreis. Wir wollen heute zeigen das die Band Frei.Wild den Soundtrack zur Rechtsentwicklung in der Bundesrepublik geliefert hat. Das wollen wir tun, indem wir neun Gemeinsamkeiten zwischen AfD und Frei.Wild aufzeigen.

Erstens: Frei.Wild wie AfD tarnen sich als anti-politisch.

Zumindest am Anfang hat die AfD sich gerne als überpolitisch ausgegeben. Mit Slogans wie „die Partei des gesunden Menschenverstandes“ hat die AfD versucht ihre politische Position zu naturalisieren.

Dasselbe macht auch Frei.Wild mit den Beteuerungen weder links noch rechts zu sein. Frei.Wild-Frontmann Philipp Burger meinte 2018: „Frei.Wild ist nicht rechts. […] Also ich liebe meine Heimat, und ich bin weder links noch rechts. Ich habe im Prinzip auch nichts gegen Flüchtlinge.“

Zweitens: Frei.Wild wie AfD geben sich anti-extremistisch, sind aber rechts.

In ihrem Song „Schlagzeile groß, Hirn zu klein“ singt Frei.Wild: „Menschen kann man nicht von ihren Gefühlen trennen. Diese sind nicht braun und auch nicht rot. Und gegen Extremismus, du Vollidiot.“

Die Band schimpft auch gerne auf das „Scheiss Extremistenpack“.

Ähnliches tut auch die AfD, wenn sie sich formal gegen „Extremismus“ ausspricht.

Dabei sind aber beide, Frei.Wild wie die AfD, von ihren Inhalten politisch rechts einzuordnen.

Drittens: Frei.Wild wie AfD zielen auf die Mitte, kommen aber von rechts.

Die Band Frei.Wild will mit ihren Texten im Mainstream viele Zuhörer*innen und Käufer*innen erreichen. Frei.Wild wurde im September 2001 gegründet und begann als Böhse-Onkelz-Coverband. Doch die Wurzeln Frei.Wilds liegen in der Vorgänger-Band „Kaiserjäger“, die eine Naziskin-Band war. Philipp Burger war auch eine Zeit lang Mitglied der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheitlichen“. Die Wurzeln Frei.Wilds sind also braun.

Genauso zielt die AfD bei Wahlen auf die Stimmen der Mitte – die vom rechten Rand sind ihr ohnehin sicher. Auch große Teile der AfD stammen aus der extremen Rechten. Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender in Thüringen, nahm 2010 an einem Neonazi-Aufmarsch in Dresden teil. Andreas Kalbitz, AfD-Fraktionsvorsitzender in Brandenburg, nahm 2007 an einem Lager der neonazistischen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ teil. Die Organisation wurde wenig später von den Behörden wegen ihrer NS-Ideologie verboten.

Viertens: Frei.Wild wie AfD sehen sich als Opfer unsichtbarer Mächte, der Presse etc.

Der Opfer-Diskurs ist in der Rechten fest verwurzelt. Die AfD sieht sich als Opfer der „Kartellparteien“, der „Antifa-GmbH“, der „Lügenpresse“ usw.

Auch Frei.Wild sieht sich von kritischen Medienberichten und etwas Gegenprotest regelrecht verfolgt.

Fünftens: Frei.Wild wie AfD vergleichen Kritik an ihnen mit der NS-Judenverfolgung.

Frei.Wild-Frontmann Philipp Burger sieht „gewisse Parallelen“ zwischen Judenverfolgung und Kritik an „Frei.Wild“: „Das hatten wir schon: Wenn der Mensch nicht seinem Herz und seinem Verstand folgt, sondern in einen Automatismus verfällt.“

Die AfD macht es ähnlich und verglich zum Beispiel 2017 gewerkschaftliche Kritik mit der NS-Zwangsgesetzgebung einen gelben Stern zu tragen gegen Juden und Jüdinnen.

Sechstens: Frei.Wild wie AfD sind Verteidiger einer archaischen Männlichkeit.

In ihrem Lied „1860“, einer Widmung für einen Männerfußballverein, singt Frei.Wild: „Der Bomberclub und seine Mannen stehen bei euch bei jedem Spiel. Sie fiebern mit, feuern euch an, stehen stramm, Mann für Mann.“ Das ist die typisch rechte Vorstellung soldatischer und kriegerischer Männlichkeit. Dieses archaische Männerbild vom Mann als Soldat und Beschützer vertritt auch die AfD.

 

Siebtens: Frei.Wild wie AfD geben sich als Heimat-Liebhaber, sind aber in Wahrheit VertreterInnen eines Nationalismus.

Frei.Wild singt in dem Stück „Südtirol Heimatland”: „Südtirol, du bist noch nicht verlorn, / in der Hölle sollen deine Feinde schmorn.“ Oder an anderer Stelle heißt es bei Frei.Wild: „Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik, an diesem heiligen Land, das unsere Heimat ist.“ Das ist keine harmlose Heimatliebe, sondern ein Nationalismus, der mit Feindbildern und Kritikverbot arbeitete. Ähnlich reagiert die AfD auf Kritik an Deutschland.

Achtens: Frei.Wild wie AfD teilen sich das Feindbild ‚Gutmensch‘.

In dem Frei.Wild-Song „Gutmenschen und Moralapostel“ heißt es „Ich scheiße auf Gutmenschen, Moralapostel / Selbsternannt, sie haben immer Recht“.

Ähnlich denkt auch die AfD über antirassistische eingestellte Personen, Flüchtlingshelfer*innen oder Klimaschützer*innen.

Neuntens: Frei.Wild wie AfD sind deutschnational

Wenn Frei.Wild von „wir“ singen dann meint die norditalienische Band ganz selbstverständlich Deutschland. Wenn die Band „ihr“ Team bei der Männer-WM anfeuerte, dann meinte sie die deutsche Mannschaft.

Aus der Zugehörigkeit zu einer deutschsprachigen Minderheit wird in völkisch-nationalistischer Weise die Zugehörigkeit zum deutschen Volk gemacht.

Die AfD mit ihren „Deutschland Zuerst!“-Positionen ist natürlich ebenso deutschnational.

Fazit: Begleitmusik zur rechtsentwicklung

Frei.Wild sind einerseits die Stimme einer schwülstigen Südtiroler Bergromantik und andererseits auch die Begleitmusik zu der Entwicklung zu einem autoritären, rechtsnationalistischen Staat in der Bundesrepublik.

Philip Meinhold schrieb 2013 treffend in der taz über Frei.Wild: „Das ist als Patriotismus verbrämte Blut-und-Boden-Romantik, gedrechselt aus dem Rhetorik-Handbuch für den kleinen Rechtsradikalen.“

AfD wie Frei.Wild sind Vertreter eines völkischen Nationalismus, die einen treten zu Wahlen an, die anderen auf Bühnen vor großem Publikum.

Frei.Wild ist Rechtsrock. Nicht im Sinne von Nazi-Rock, aber es ist Deutschrock mit rechten und reaktionären Inhalten. Die populäre Vermittlung dieser Inhalte über die Musik von Frei.Wild war sicher auch eine der Wurzeln der Verschiebung nach Rechts in der Bundesrepublik.

Dieser Rechtsentwicklung sollte nicht nur auf der parlamentarischen Ebene betrachtet werden. Er findet ebenso auf der Straße, in manchen Stadien, in der Diskussion, in den Talkshows und offenbar auch in den Musikcharts statt.

 

Wir als Alboffensive solidarisieren uns deswegen mit dieser Kundgebung. Das tun wir auch als eine antifaschistische Gruppe in der Provinz. Denn wir wissen, wie einflussreich Frei.Wild und seine Inhalte auf viele Jugendliche im ländlichen Raum sein kann.

 

Weitere Texte: hier