Pflege und Corona-Virus

In der aktuellen COVID-19 (die Erkrankung, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird) „Krise“ sind alle Prekarisierten besonders betroffen. Dazu zählen Leute mit geringem Einkommen, welche nicht mehr in den nun geschossenen Tafelläden einkaufen können, Geflüchtete, welche gezwungener Maßen unter schlechten Bedingungen leben müssen, auf Stundenbasis Bezahlte in der Gastronomie, Leute die (oft auf Grund vom Einkommen) den Nahverkehr nutzen müssen, Kranke, zu Pflegende, Gefängnisinsass*innen, welche direkt an der (Teil)Privatisierung und dadurch schlechte Unterbringung in den Einrichtungen leiden. Besonders betroffen sind auch Prostituierte, ohne Absicherung und nun belegt mit einem Berufsverbot. … Die Liste ist wohl kaum abschließbar.

COVID-19 ist derzeit das Hauptthema in Nachrichten und Social Media. Tägliche Updates zu Fallzahlen, neuen Sicherheitsmaßnahmen der Länder und leeren Klopapierregalen überschlagen sich. Darin geht unter, dass an den Grenzen der EU zur Zeit das Asylrecht ganz offiziell aus der Kraft gesetzt ist, die griechische Grenze komplett abgeriegelt wurde. Menschen wird dort der Zugang zum Land verwehrt, sie werden mit Gewalt zurückgedrängt. Das Leid derer, die auf der Flucht sind vor Krieg, Hunger und Armut, geht unter in Meldungen über Hamsterkäufe von „besorgten Bürgern“ (der personifizierte Inbegriff antirationaler Denkgebäude).

Auch betroffen sind Pflegekräfte, welche momentan besonders hart arbeiten müssen. Die auf Profit ausgerichteten Institutionen haben zu wenig Personal und auch zu wenig Platz für nun hinzukommende Patient*Innen. Dass das vor allem Frauen* und Migrant*innen betrifft und was wir sonst zur Pflege denken haben wir vor einiger Zeit in einem Text bereits zusammengefasst.

k26_Pflegetext

Schon im Normalzustand gibt es nicht genügend Plätze auf den Intensivstationen. Nicht genügend Betten für beatmungspflichtige Patient*innen. Personalmangel ist die Regel, genauso wie Überstunden, und krankheitsbedingte Ausfälle. Schon ohne eine erhöhte Zahl an Patient*innen fährt das Gesundheitssystem am Rande seiner Belastungsgrenze. In der aktuellen Situation ist noch schwer abzuschätzen wie viele genau sich Infizieren werden.  Das Virus verbreitet sich sehr schnell und ist sehr infektiös(1). Prognosen gehen davon aus, dass sich bis zu 50- 70 % der Bevölkerung mit dem Erreger infizieren werden(2). COVID-19 hat bei etwa 6-20% der Infizierten einen so schweren Verlauf, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das Virus befällt vor allem die Atemwege und kann in wenigen Fällen ein akutes Lungenversagen auslösen(3). Diese Patienten müssen dann künstlich beatmet werden, was eigentlich nur auf Intensivstation mit geschultem Personal möglich ist(4). Für so viele Patient*innen ist unser Gesundheitssystem nicht ausgelegt. Es müssen auch weiterhin Menschen mit anderen Erkrankungen parallel behandelt werden. Schon jetzt kündigen Personalabteilungen von Kliniken Urlaubstops für Mitarbeitende und aussetzen der Arbeitszeitregelungen an, wenn sich die Situation verschlimmert. Auch medizinisches Personal wird sich zwangsläufig infizieren, sodass dann noch weniger Kräfte zur Verfügung stehen. Die Auswirkungen, die in Deutschland noch bevor stehen, sind in Italien zu sehen, wo Pflegekräfte und ärztliches Personal 20 Stunden Schichten arbeiten, um die Patienten am Leben zu halten. Ob die anfallenden Überstunden und die ausgefallenen Urlaubstage jemals abgefeiert bzw. nachgeholt werden können, ist völlig unklar.

Erschwerend kommt hinzu, dass es bei Schutzausrüstung (Masken, Schutzkittel, Handschuhen), Desinfektionsmittel und Medikamenten zu Engpässen kommt(5). Die Produktion wurde in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr nach Asien (v.a. nach China) ausgelagert. Die Produktion dort ist mit der COVID-19 Pandemie verlangsamt worden, während der Bedarf rasch ansteigt. Desinfektionsmittel lässt sich aus einfachen Chemikalien noch von Apotheken herstellen, aber komplexe Medikamente, wie Antibiotika oder starke Schmerzmittel, die für Operationen benötigt werden, fallen weg. Die Verlagerung der Produktion solcher essentieller Güter für die moderne Medizin, an denen die Leben von vielen Menschen hängen, ist äußerst gefährlich. Doch der Kapitalismus belohnte diese Entscheidung, indem die Konzerne höhere Gewinne einfuhren.

Zum Arbeitsschutz informiert euch bei der FAU und im Zweifel bei VER.DI/DGB. Bei der Rosa Antifa Wien gibt es einiges an Forderungen (6) und Infos über eine Frauenhotline (Häusliche Gewalt), bei ROSA Reutlingen eine solidarische Nachbarschaftshilfe, Magarete Stokowski hat Lesetipps …

Wir und alle anderen Linke Strömungen und Gruppen stehen nun vor der Frage: Was tun?

Was können wir tun dagegen, dass Grenzen geschlossen werden und das sich abzeichnet, dass Menschen, die von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen werden am stärksten unter der Pandemie und ihren Folgen leiden könnten?

Einfache Antwort darauf finden wir gerade nicht.

(1) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4

(2) https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html

(3) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4

(4) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4

(5) https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-coronavirus-was-man-zu-atemschutzmasken-wissen.1939.de.html?drn:news_id=1110106

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/109721/COVID-19-Drohen-Engpaesse-bei-Medikamenten-und-Medizinprodukten

(6) https://www.careslam.org/covid-19-forderungen-von-pflegefachkrften