Black Lives Matter Ulm

Zusendung von INPUT Ulm, welche diesen Text in leicht gekürzter Version gestern bei Black Lives Matter Ulm hielten.

Strukturelle rassistische Gewalt – Polizei

All cops!?

Gerade ist es mal wieder Thema: Rassismus in der amerikanischen Polizei. Ein Mann wurde von mehreren weißen Polizisten brutalst behandelt und letztlich erstickt. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Tagen bei den Angehörigen von George und bei der Schwarzen Community. Diese geht gerade zurecht auf die Straße und erfährt, wie immer, enorme Gewalt und Brutalität durch die Polizei. Doch einiges haben wir satt – dazu klare kurze Statements: Ja, kämpferische und auch nicht-friedvolle Protestformen sind okay! Veränderung muss erkämpft werden und dafür gehen gerade Menschen auf die Straße. Wer jetzt um Pazifismus bittet, nachdem wieder ein Mensch wegen seiner Hautfarbe ermordet wurde, hat nicht ganz begriffen, was los ist. Auch von Queers*, Arbeiter*innen und Frauen* wurden Fortschritte hart erkämpft, Proteste wurden vom Staat niedergeknüppelt und das ein oder andere Haus stand in Flammen. Gleichberechtigung und das Ende von Diskriminierung werden eine*m nicht geschenkt, dafür kämpfen zu müssen, gehört in dieser Welt leider dazu. Daher, egal in welcher Form, absoluter Support für die aktuellen Proteste gegen Rassismus. Aber nicht nur die elendige Debatte, um friedvollen Protest wollen wir hier nicht, auch das ständige Zeigen auf Probleme in Amerika muss ein Ende haben. Auch in Deutschland gibt es Rassismus und Gewalt durch die Polizei und andere Behörden. Die Lage in Deutschland und die Betroffenen und Ermordeten sind gesondert zu beleuchten, nun zu dem Schwerpunkt dieses Textes:

Gewalt von Polizist*innen.

Um es noch einmal deutlich zu machen: Gewalt durch die Polizei kann jede*n von uns treffen, ABER bestimmte Gruppen in unserer Gesellschaft sind davon stärker betroffen, darunter fallen zum Beispiel People of Colour, denen eine Zugehörigkeit abgesprochen wird. Die von ihnen tagtäglich erfahrene Gewalt ist als Rassismus eine grundsätzliche Diskriminierungsform, die nicht nur von der Polizei ausgeht.

Nun soll einmal die Frage gestellt werden: Was ist Gewalt von der Polizei? Diese beginnt ganz einfach mit ihrer Macht. Die Polizei kann Kontrollen durchführen, Menschen verhaften, sie einsperren, ihnen körperlich schaden – ohne dafür verfolgt zu werden. Eine Macht- und damit Gewaltausübung geht allein mit der Existenz einer staatlichen Behörde und ausführenden Kraft einher. Dadurch ist die Frage der Überschrift schon beantwortet: Ja, ALL COPS. Auch der*die Polizist*in, die noch niemanden erschossen oder abgeschoben hat. Das autoritäre Prinzip, das vorhanden sein dieser Machtstruktur und die Tatsache, dass Deutschland einen umsetzenden Apparat, einen Schlägertrupp des Staates hat, ist eine Form von Gewalt. Damit gibt es keine „guten Cops“ und auch keine Unschuldigen, auch wenn weitere geschilderte Taten nicht von ihnen verübt wurden.

Zudem ist auch die polizeiliche Taktik eine Form von Gewalt. Sei es das Racial-Profiling oder auch nur die ständige Streife im sogenannten „Problem-Viertel“ – damit wird in das Leben von bestimmten Menschengruppen eingegriffen, sie erfahren eine staatliche Kontrolle, eine Einschränkung in ihrer Freiheit und damit einen Übergriff auf ihre Person. De facto eine Gewalt. Diese kann auch schon durch einfache Präsenz erfolgen, da das Tragen einer Uniform in unserer Erziehung als etwas Mächtiges symbolisiert wird, wodurch zugleich eine Bedrohung ausgehen kann.

Aber diese kann sich noch zuspitzen, so kommt es gerne zur Kontrolle von einer Person, die mal keinen, mal einen harmlosen Grund geliefert hat, als verdächtig zu gelten. Dabei wird sie temporär festgehalten, sie kann sich der Kontrolle nicht entziehen, wenn die Polizei sich einen Grund für diese ausgedacht hat. Mit anderen Worten können Menschen jeder Zeit von der Polizei aufgehalten und kontrolliert werden. Nun scheint das erstmals harmlos. Nur zum einen ist damit die Privatsphäre vollständig missachtet und zum anderen hat dieser „kurze Eingriff“ eine ganz andere Dimension, wenn er z.B. aufgrund der Hautfarbe täglich passiert.

Die naive Hoffnung „Ich habe eh nichts zu verbergen“ schützt einen dennoch nicht: Auch ohne Fund kann die Polizei Menschen mitnehmen, wenn ein Verdacht ausgesprochen wird. Gerade bei Drogenverdacht (durch beispielsweise rassistische Vorurteile) finden sich Menschen dann auf einer Wache wieder, dort heißt es dann schnell „Bitte komplett ausziehen und Klamotten hier ablegen“. Nun wird eine Machtposition bis zum Ende ausgereizt: Erniedrigt steht man* nackt vor den Polizist*innen und darf sich vorbeugen. Auch an Jugendlichen wird nun eine Kontrolle durchgeführt, die mit sexueller Gewalt gleichzusetzen ist. Dies geschieht nicht im Konsens und wird von einer Person ausgeführt, die aufgrund ihrer Machtposition über einen fremden Körper bestimmen darf, ohne rechtliche Folgen. Dabei wird lediglich auf das biologische Geschlecht des Kriminalisierten geachtet, was für Tras*-People-of-Color eine zusätzliche noch viel schwerwiegendere Diskriminierungserfahrung bedeuten kann. Dies versucht nebenbei erwähnt das feministische Konzept des Intersektionalismus zu fassen.

Wehrt man sich oder wird man auf Grund von rassistischen Einstellungen als Gefahr eingestuft, gehen noch mehr Formen der Polizeigewalt einher: Klassische körperliche Gewalt, die mit Schlägen, Tritten, Pfefferspray, Schlagstock und Festsetzungsgriffen auf der Wache, Zuhause oder auf der Straße von leichten Verletzungen bis in den Tod reichen können. Aktuelle Beispiele motiviert durch Rassismus sind deutlich. Sie sind kein Einzelfall.

Aber auch die unglaubliche Gewalt und Macht durch Repression kann Menschen treffen. Seien es die Gegenanklagen, seien es Geldbußen oder die Freiheitsberaubung als schlimmstes Urteil in Deutschland. Das alles kann Menschen in finanziellen oder psychischen Ruin treiben. Fremdbestimmt und eingepfercht, erleben Gefängnis-Insass*innen eine Staatsgewalt, die tiefe Folgen hat.

Damit lässt sich erkennen: Die Gewalt, die von der deutschen Polizei ausgeht, ist all umfassend. Wen sie trifft, ist oft durch Diskriminierungsformen bestimmt, die in autoritären Berufen besonders häufig zu finden sind, da diese Berufe explizit Menschen anziehen, die sich in ihrer Selbstsicherheit und Machtausübung anderen überlegen fühlen, was sie auch gerne auf ihre Herkunft beziehen. Das Problem Rassismus lässt sich nicht aus deutschen Behörden wegzaubern, da Feindbilder und autoritäre Charaktere von Polizist*innen nur ein Teil des Problems sind. Ein weiterer heißt Macht. Polizist*innen dürfen über unsere Körper bestimmen und tragen Waffen, um uns immer überlegen zu sein. Das muss ein Ende haben, nur so können wir Menschen vor polizeilicher Gewalt schützen. Wir können nicht gegen den Rassismus von Menschen vorgehen, wenn diese Menschen uns übergeordnet sind. Das Problem ist nicht ein Cop, das Problem sind alle.

Text in abgewandelter Form von Feministisches Antifaschistisches Kollektiv – FAK

Abschließend noch ein Aufruf:

Es ist super, dass so viele Menschen an diesem Thema Interesse haben. Was jetzt wichtig ist, ist langfristige Strukturen zu schaffen und zu unterstützen. Organisiert euch oder schließt euch antirassistischen Strukturieren wie Didf  und Black Lives Matter oder antifaschistischen Strukturen wie dem Kollektiv.26 an.