Hans-Jürgen: Halts Maul

„Ulmer Friedenswochen“ laden homophobe und wiederholt antisemitische Referenten ein

Dieses Jahr sind bei den „Ulmer Friedenswochen“ wiederholt Referenten eingeladen, denen Antisemitismus vorgeworfen wird. Neu ist jedoch, dass mit Hans-Jürgen Abromeit nun auch ein christlich-Reaktionärer auf die u.a. von der Stadt bereitgestellte Bühne darf. Die städtischen Räume und die Unterstützung des OB Gunter Czisch durch ein Vorwort, sind den Organisator*innen trotzdem sicher. Eine angemessene Stellungnahme gab es auf eine Hinweismail von uns weder durch die Friedenswochen, noch durch einzelne Kooperationspartner*innen oder dem Ulmer Weltladen als Organisator*innen.

Bild geklaut von: https://whatthefuck.noblogs.org/

Es geht um den, freundlich formuliert, erzkonservativen Bischof a.D. Hans-Jürgen Abromeit (22.9. 19:30 Bürgerhaus Mitte) und den

Journalisten Andreas Zumach (30.9. 19:30 Bürgerhaus Mitte). Dieser hielt bereits im letzten Jahr seinen Vortrag „Israel, Palästina und die Grenzen des Sagbaren“ bei den Friedenswochen. Deutliche Kritik bekam er bereits vom „Linken Bündnis gegen Antisemitismus München“: „Wir kritisieren entschieden die Darstellung einer übermächtigen linken, jüdischen ‚israelischen Regierungslobby‘, die gegen die freie Meinung unter Beihilfe eines jüdischen Geheimdienstes vorginge. Die Wurzeln eines solchen Verschwörungsdenkens muss man in der Historie nicht lange suchen. Gegründet wurde das ‚Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung‘, dessen Beirat Zumach ist, u.a. von der Münchner Aktivistin Nirit Sommerfeld, dem ehemaligen Linken-MdB und Teilnehmer der von der islamistischen IHH organisierten Gaza-Flotille, Norman Paech, und dem Autoren Rolf Verleger, der wie Sommerfeld für das verschwörungstheoretisch aufgeladene Anti-Establishment-Portal ‚Rubikon‘ schreibt.“¹ In diesem Jahr hält Zumach gleich zwei Vorträge: Am 29. September zur deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik und am 30. September zur Bedeutung von Sprache, beide Vorträge im Bürgerhaus Mitte.

Hans-Jürgen Abromeit soll am 22. September 20 ebenfalls im Bürgerhaus Mitte einen Vortrag zum Nahost-Konflikt aus religiöser Perspektive halten. Er wurde wegen Äußerungen in diesem (nun wohl überarbeiteten) Vortrag stark kritisiert, unter anderem von seiner eigenen Landeskirche, der SPD und den Grünen. Die Jüdische Allgemeine dazu: „Abromeits Äußerungen hatten ihm den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht.“²

Abromeit tritt zudem öffentlich mit Positionen zu weiteren Themen auf, die nicht hinnehmbar sind. In den letzten Jahrzehnten äußerte er sich immer wieder öffentlich gegen Homosexualität, Ehe für Alle und Abtreibung. Hier ein paar Beispiele:

  • 2003 weigerte sich Abromeit Segnungen von homosexuellen Paaren durchzuführen. 2014 äußerte er einzelne Außnahme-Segnungen seien möglich aber nicht „die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft als Institution“.³ ⁴ 2019 sagte Abromeit: „Ich halte die Öffnung der Ehe, die wir im Moment erfahren, für ein Zeitgeistphänomen“.⁷
  • Abromeit ist seit mindestens 2011 an den „Marsch für das Leben“-Demos in Berlin beteiligt. Diese richten sich gegen Abtreibung und Sterbehilfe. Sie gehören zum Spektrum der radikalen Abtreibungsgegner*innen und sind klar antifeministisch, christlich fundamentalistisch orientiert sowie für rechte bis extrem rechte Gruppen und Personen offen. ⁵
  • 2018 hielt Abromeit eine Predigt auf dem sogenanntem „Marsch für das Leben“ in Berlin. Es wurden dort Banner mit dem Inhalt „Ja zum Leben – für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie“ gezeigt. Damit wird Abtreibung mit dem NS-Verbrechen der „Euthanasie“-Morden gleichgesetzt. An dem Marsch beteiligen sich auch Mitglieder der AfD und bekannten Neonazis.⁶

Dass auf den Ulmer Friedenswochen einer Person, die sich klar gegen die Selbstbestimmung von Frauen* und sexuelle Vielfalt ausspricht, mit extrem Rechten auf die Straße geht und mit seinen Aussagen alles außer Heterosexualität als Zeitgeistphänomen verunglimpft, eine Bühne geboten werden soll, schockiert uns.

Dass wiederholt und unwidersprochen problematische Inhalte in Bezug zu Israel in städtischen Räumen stattfinden, ist nicht hinnehmbar.

Wir fragen uns ernsthaft, ob dies zum Frieden in der Welt beiträgt.

Antworten auf unsere Kritik (Auszugsweise):

Antwort einer Person der Ulmer Ärzteinitaitive: „Allein verantwortlich für alle hier aufgeführten Veranstaltungen sind immer und ausnahmslos die bei den einzelnen Veranstaltungen genannten Veranstalter.“

„Da gehen Eure Fragen und Hinweise, die ich hier an dieser Stelle nicht bewerten kann und will an die falsche Adresse, denn es existiert kein ‚Friedenswochen Team‘.“

Antwort eines Aktiven im KunstWerk e.V. und im Verein für Friedensarbeit: „Auf den Inhalt eurer Argumentation möchte ich hier gar nicht eingehen, teilweise teile ich eure Ansichten, teilweise finde ich sie aber auch ziemlich krude. Daher meine dringende Bitte: Unterlasst weitere Mails dieser Art, ihr schadet eurem Anliegen dadurch nur.“

Weitere Antworten von den Ulmer Friedenswochen, Kooperationspartner*innen oder dem Ulmer Weltladen e.V. gab es nicht.

Weitere problematische Veranstaltungen der Friedenswochen in der Vergangenheit:

Andreas Zumach, 2017, Weltladen, Haus der Begegnung

Judith Bernstein, 2018, Mitglied der „Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München“, Weltladen, Haus der Begegnung. „die „Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe“ (JPDG) […] wurde aufgrund einer BDS-Veranstaltung 2015 in München im weltweiten Antisemitismus-Bericht des Simon Wiesenthal Centers erwähnt[20]. Sie ist im Übrigen die einzige Münchner Gruppe, die auf der offiziellen BDS-Website als Unterstützergruppe geführt ist [21].“¹

Nirit Sommerfeld, 2019, Weltladen, Bürgerhaus Mitte. Schrieb zum Beispiel folgendes: „Verbieten Sie nicht ein Gespräch und demokratische Werkzeuge wie Boykott [Israels …] BDS ist ein gewaltfreies Mittel, sich gegen die Besatzung zu wehren – aus der palästinensischen Zivilgesellschaft hervorgegangen und mittlerweile weltweit unterstützt. Es ist ein demokratisches Mittel […] Eines ist BDS aber bestimmt nicht: Antisemitisch“ [sic] ⁸

Quellen

¹ https://lbga-muenchen.org/2018/10/26/stellungnahme-zu-einer-veranstaltung-mit-andreas-zumach-in-der-lmu-am-7-11-2018/

² https://www.juedische-allgemeine.de/religion/nordkirche-distanziert-sich-von-bischof-abromeit/

³ https://www.queer.de/detail.php?article_id=194

https://taz.de/Die-Nordkirche-wird-ein-bisschen-offener/!5047231/

⁵ Nachzulesen in dem Buch „Die neue radikalität der Abtreibungsgegner_innen im (inter)nationalen Raum, S. 50

https://www.apabiz.de/2018/mit-holzkreuz-und-reichsfahne/ & https://www.youtube.com/watch?v=zhvJjoEdHss

https://www.queer.de/detail.php?article_id=34447, https://beobachternews.de/2018/09/15/demo-fuer-alle-auf-verlorenem-posten/, https://www.apabiz.de/2018/mit-holzkreuz-und-reichsfahne/

http://www.apvd-online.de/details.php?id=500119

Weiteres zum Thema „Israelkritik“, Antisemitismus und BDS: http://blog.florisbiskamp.com/2018/08/12/wann-ist-israelkritik-antisemitisch-teil-2-von-3-einer-mini-serie-ueber-die-israelfeindliche-bds-kampagne/?fbclid=IwAR3IWtYTAcUWtWLjE399zxGohm5Z80LQgLZgLXh_5Eaa4TrT6i5PGDl0ZS4, https://lbga-muenchen.org/2019/12/17/ist-bds-antisemitisch-zweite-auflage/, https://www.zentralratderjuden.de/aktuelle-meldung/kampf-gegen-antisemitismus-ist-aufgabe-von-uns-allen/, http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/29271, alle Internetseiten zuletzt aufgerufen am 17. 9. 2020

2 thoughts on “Hans-Jürgen: Halts Maul”

Comments are closed.