Verklagt wegen Kritik – Pressemitteilung zu Gerichtsurteil

Seit ein paar Monaten gibt es einen Konflikt zwischen uns und weiteren Gruppen mit den Ulmer Friedenswochen & Ulmer Weltladen Umfeld. Im Frühjahr 2021 kam es zu einem Zivilprozess der am 27.05.21 endete. Hier eine gemeinsame Pressemitteilung von uns und der Grünen Jugend Ulm dazu:

Am 09.03.2021 versendeten vier Gruppen (Deutsch-Israelische Gesellschaft Ulm, Jusos Ulm, Kollektiv.26 – Autonome Gruppe Ulm, Grüne Jugend Ulm / Neu-Ulm / Alb Donau ) eine E-Mail an ausgewählte Veranstaltende der Ulmer Friedenswochen. Dabei sollte ein politischer Diskurs angestoßen werden. Ziel war es, die Veranstaltenden zu sensibilisieren, an der, nach Ansicht der Gruppierungen, einseitigen Darstellung des Nahostkonfliktes innerhalb der Ulmer Friedenswochen Kritik zu äußern und eine Diskussion im Kreis der Teilnehmer der Friedenswochen zu initiieren.

Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Antragssteller:innen nicht als Antisemit:innen bezeichnet wurden. „Der Antisemitismusvorwurf wird daher der BDS-Bewegung und insbesondere ihren führenden Vertreter/innen gemacht.“ ( Urteil vom 27.05.21, S.20 )

Diese Bewegung wurde vom Bundestag 2019 als antisemitisch eingestuft.(1)

Am Donnerstag, den 27.05.21, ist das Urteil im Eilverfahren zur Frage, ob durch diese E-Mail der Ulmer Weltladen e.V. sowie die darin genannten Personen Andreas Zumach und Nirit Sommerfeld in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt wurden, gefallen. Das Landgericht Ulm weist den Antrag auf einstweilige Verfügung bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten zurück.

Mit dieser Meinungsäußerung sollte in Ulm ein offener Diskurs angeregt werden, jedoch wurde dieser Austausch schnell unterbrochen, da auf die Kritik und das Gesprächsangebot mit einer Forderung nach einer Unterlassungserklärung reagiert wurde.

Die Situation wurde damit von den Antragssteller:innen selbst in die Eskalation getrieben, sodass ein Gespräch außerhalb eines Gerichts nicht mehr möglich war. Somit sahen die Unterzeichnenden sich gezwungen, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das Gericht wies in der Begründung des Urteils daraufhin, dass im Rahmen von politischem Engagement und dem damit verbundenen Meinungsaustausch themenbezogene Kritik nicht ungewöhnlich sei.

Deshalb stellen wir die Frage: Ist es sinnvoll, in einem offenen, politischen Meinungsaustausch den Versuch zu starten, Meinungsäußerungen anderer Gruppierungen direkt gerichtlich zu unterbinden, insbesondere, wenn es sich um solch komplexe Themen handelt?

Das Landgericht Ulm hat nun in erster Instanz entschieden, diesen Versuch als nicht rechtmäßig abzuweisen und die getätigten Äußerungen ausdrücklich als legitime Meinungsäußerungen eingestuft. „Das Gericht hat nun entschieden, dass die politische Debatte über einen offenen Diskurs ausgetragen werden muss und nicht mit Mitteln einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Wir halten es daher für mehr als dringend, das Thema in einer politischen Debatte zu beleuchten. Wir fordern die Veranstalter:innen der Friedenswochen dringend auf, den fälligen Raum für die unterschiedlichen Positionen im Nahostkonflikt einzuräumen. Dies würden wir für viel angebrachter halten als den Rechtsstreit in die nächste Instanz zu tragen“, fordert Lara Herp, Sprecherin der Grünen Jugend.

Referenzen

(1)
Freitag, 17. Mai 2019, ein gemeinsamer Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis
90/Die Grünen mit dem Titel „BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus
bekämpfen über https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892


Weiteres zu dem Thema findet ihr in einer Gegendarstellung von uns zu einem Presseartikel der SWP zu dem Prozess.

Unsere erste öffentliche Kritik an den Friedenswochen, wegen der Einladung eines Referenten, der auf antifeministischen Demonstrationen zusammen mit extrem rechten auf die Straße geht und sich gegen alles ausspricht was nicht heterosexuell ist findet sich hier.