Redebeitrag zur gestrigen Demonstration

Gestern sind wir unter dem Motto „Aufstehen gegen Rassismus, Chemnitz ist überall“ in Ulm auf die Straße gegangen. Laut Polizeiangaben waren es mindestens 600-700 und den ersten Presseberichten zufolge bis zu 1200 Teilnehmer*innen.
Unabhängig von der letztendlichen Teilnehmerinnen Zahl, ist die Veranstaltung für uns ein klarer Erfolg gewesen. Trotz kurzfristiger mobilisierung kamen viele Leute. Zudem sind wir der Ansicht, dass unsere Nachricht angekommen ist es gab viel positives Feedback.
Es war ein breites Spektrum von Geflüchteten, Zivilgesellschaftlichen Vereinen und verschiedenen politischen Strukturen vor Ort.


(Symbolbild)

Der Ablauf der Demo war aus unserer Sicht durch eine gute Stimmung und dem Block von autonomen und antifaschistischen Menschen, welcher an der Spitze der Demo war, geprägt.
Die Redebeiträge waren auf Grund von technischen Schwierigkeiten und den für alle Anwesenden überraschenden Teilnehmer*innen Zahlen, nicht in der ganzen Demo zu hören.

Deswegen haben wir uns entschlossen den Redebeitrag des Kollektives hier zu veröffentlichen.

Trotz dieser positiven Eindrücke, ist uns allen klar, was um uns herum gerade passiert. Deswegen wollen wir diese neue Energie und Kraft von gestern nutzen und uns mehr engagieren. Ulm braucht mehr Engagement gegen rechts; explizit gegen die AfD und die Identitären.

„Redebeitrag 07.09.18

Wir sind das Kollektiv.26 – Autonome Gruppe Ulm, eine Gruppe von jungen Menschen, die sich außerhalb von Parteien oder Gewerkschaften politisch einbringen will. Eines unser Hauptanliegen ist, nicht nur wegen den aktuellen Zuständen, antifaschistische Arbeit.
Wir treffen uns, reden, organisieren Vorträge, Demonstrationen, Lesekreise und vieles mehr.

Zuerst wollen wir uns mit den Antifaschistinnen und Antifaschisten in Chemnitz solidarisieren, insbesondere mit dem Bündnis ‚Chemnitz Nazifrei‘ welches heute wieder auf der Straße steht, um gegen eine dritte rechte Mobilisierung zu demonstrieren.
Außerdem solidarisieren wir uns mit der Besetzung des Hambacher Forsts, ein tausende Jahre altes Waldgebiet, das aktuell von massiven Polizeikräften von der Räumung bedroht ist und den Profitinteressen von RWE weichen soll.
Wir wollen aber nicht nur mit dem Finger auf Sachsen zeigen, auch in Süddeutschland gibt verschiedene rechte Gruppen von sogenannten „besorgten Bürgern“ bis hin zu offenen Faschisten. Diese suchen auch im Süden den Schulterschluss, wie dieses Jahr zum Beispiel in Kandel zu sehen war. Dort marschierten neben der AfD auch die Identitäre ‚Bewegung‘ (IB) und die Hooligans von Berserker Pforzheim zusammen mit vielen anderen. Auch aus Ulm reisten Mitglieder der AfD und IB nach Kandel, beide Gruppen mobilisierten auch nach Chemnitz.
Zwar treten Rechte im Osten offener und stärker als hier auf, aber es sind auch hier rechte Strukturen vorhanden. Beispiele sind hierfür der Vorfall Ende Mai, bei dem einige wenige SSV Hooligans Nazi Parolen skandierten und Hitlergrüße zeigten. Außerdem die Identitäre ‚Bewegung‘, die in den letzten Wochen und Monaten immer wieder durch Infostände mitten in Ulm und durch versuchte Aktionen auffiel. Zum Beispiel dieses und letztes Jahr am Schwörmontag, wobei dieses Jahr das entrollen eines Banner erfolgreich durch antifaschistisches Engagement verhindert wurde. Dabei zeigte sich erneut, dass die vermeintliche Ablehnung von körperlicher Gewalt durch die IB nur eine Farce ist. Das soll jedoch nicht unser Hauptkritikpunkt an ihnen sein. Ihre rassistische Ideologie und ihre Bestrebungen für eine ‚ethnisch und Kulturell homogene Gesellschaft‘ ist auch ohne Gewaltanwendung ihrer Vertreter verachtungswürdig.

Wir wollen euch an dieser Stelle aufrufen aktiv zu werden.

Gegen den Rechtsruck, der mittlerweile viele etablierte Parteien erfasst hat.
Insbesondere die Union ist hiermit gemeint , wobei wir nicht nur die widerlichen Eskapaden Horst Seehofers kritisieren wollen, sondern auch die Mitglieder und Funktionäre der Partei, die nicht in der Öffentlichkeit stehen. Aber auch die SPD und die Grünen sind fleißig dabei, wenn es darum geht die ‚sicheren Herkunftsländer‘ zu erweitern und geflüchtete abzuschieben. Letzteres ist auch für Bodo Ramelow mit seiner Linkspartei in Thüringen eine Aufgabe, die ohne nennenswerten Widerstand vollführt wird.

Gegen Rassismus, besonders bei Verbrechen die von rechts instrumentalisiert werden. Vor allem Gewalt gegen Frauen* wird dann angeprangert, wenn der vermeintliche Täter die in den Augen der Rechten die falsche Hautfarbe oder Herkunft hat.
Es werden nicht nur tatsächliche Verbrechen instrumentalisiert sondern Statistiken und Zahlen erfunden oder gefälscht.

Gegen die Nützlichkeitsdebatte – wir sind dafür, dass alle Menschen gleich an der Gesellschaft teilhaben können. Jeder Mensch ist uns gleich viel Wert. Egal, welches Geschlecht, welche sexuelle Orientierung, welche Hautfarbe oder Beeinträchtigung jemand hat. Das bedeutet, dass es uns egal ist, ob eine Person, zum Beispiel ein*e Geflüchtete*r, einen Arbeitsplatz hat oder nicht. Jeder Mensch ist uns willkommen.

Deswegen nochmal der Aufruf: Organisiert euch, gründet Gruppen oder schließt euch Gruppen an – wir veranstalten am 20.9. um 19.00h im Hemperium ein offenes Treffen und freuen uns über Besucher*innen, die uns näher kennenlernen wollen. Oder sprecht uns einfach hier an.“