Kurzaufruf

In Ulm hat sich das „Bündnis gegen rechten Wahlkampf“ gegründet. Im Folgenden ist der erste Aufruf und ein erster Text. Wollt ihr uns unterstützen, den Aufruf unterzeichnen oder es einfach weiterleiten? Wir würden uns darüber freuen.

Fragen und Nachrichten gerne an k.26[ätt]riseup.net oder den Verteiler.

Dass wir einen Rechtsruck in Europa haben, brauchen wir niemanden mehr zu erklären. Doch inwiefern wir uns damit zufrieden geben, liegt an uns. Der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2017 steht an.
Das heißt es wird eine weitere Plattform für Hetze und Propaganda geben, bei der rechte Stimmung von den verschiedensten Parteien verbreitet werden kann. Dem wollen wir entgegen treten. Das Bündnis „Gegen Rechte Kräfte“ ist ein breiter Zusammenschluss aus verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen, die eine gemeinsame Überzeugung teilen: Für Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere abwertende Haltungen darf es in der Politik und in unserem Miteinander keinen Platz geben.

Unterstützerliste (soll noch wachsen):
Linksjugend [’solid] Ulm
Kollektiv.26 – Autonome Gruppe Ulm
Zugvögel ev.
SJD Die Falken Ulm
Festival Contre Le Racisme Ulm

Der kommunistische Anarchismus (5)

Wer sich überhaupt über das ganze Wesen aller bisherigen Gesetzgeberei bisher noch nicht klar gewesen ist, der sollte sich doch einmal die absolut unbestreitbare Tatsache vor Augen halten, daß jede Generation die Gesetzgeber der ihr vorangegangenen Generation mindestens für verrückt, wenn nicht für schlimmeres gehalten hat. Die Geschichte der Gesetzgeberei darf mit Fug und Recht als die Geschichte des schauderhaftesten Wahnwitzes bezeichnet werden. Oder halten wir etwa die Gesetze wider Hexerei und Ketzerei, die Gesetze gegen alle erdenklichen Dinge, welche seiner Zeit mit raffinierter Grausamkeit bestraft wurden und welche heute für straflos angesehen werden, nicht für Wahnwitz? War es keine Verrücktheit, die Menschen Feuer-, Wasser- usw. Proben machen oder foltern zu lassen, um deren Schuld oder Unschuld auszufinden? Nun wohl! Ein späteres Geschlecht wird die Gesetze unserer Tage mit ihren Galgen, Henkerbeilen, Kerkern und Ketten für nicht minder unsinnig halten, als wir dies gegenüber den Gesetzen vergangener Jahrhunderte als ausgemacht ansehen. Wer objektiv, d. h. ohne Vorurteil und Aberglauben, an das Wesen aller und jeder Legislatur herantritt, der kommt mit dem Kulturhistoriker Buckle zur Überzeugung, daß die besten Gesetze diejenigen waren und sind, vermöge welcher frühere Gesetze abgeschafft wurden.

Und da sollten wir uns noch lange betreffs einer Zukunftsgesetzgebung die Köpfe zerbrechen? Es gehört ein gut Teil Naivität dazu, uns solches zuzumuten.

Was nun noch als Gegenstand des Disputes zwischen uns und unseren Widersachern bleibt, das ist die Frage, ob die verschiedenen (auf Grund freier Verträge zu Stande zu bringenden) Organisationen in der künftigen Gesellschaft ‚zentralistischer oder förderalistischer‘ Natur sein sollen. Wir halten dafür, daß das letztere der Fall sein werde und müsse – nicht weil wir uns um ‚ungelegte Eier‘ bekümmern, sondern weil uns die Erfahrung gelehrt hat, daß der Zentralismus unter allen Umständen früher oder später in einer ungeheuren Vollmachtsanhäufung in wenigen Händen, damit im Mißbrauch der Macht, also in Herrschaft einerseits und Unfreiheit andererseits enden muß. Außerdem sehen wir nicht ein, warum und wieso eine Zentralisation ökonomischer Organisationen oder gar der ganzen menschlichen Gesellschaft an sich nötig oder dienlich sein solle.
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Der kommunistische Anarchismus (4)

Den größten Stein des Anstoßes der anarchistischen Doktrin bildet bei den nicht-anarchistischen Sozialisten der ‚freie Vertrag‘. Weil die Anarchisten der Ansicht sind, daß in einer freien Gesellschaft die Menschen ihre Beziehungen zu einander auf Grund unauferzwungener Vereinbarungen regeln werden, glauben ihre Widersacher darob Ursache zum Lachein zu haben. Die Letzteren stellen sich aber damit nur auf den Standpunkt sozialer Gewalttäterei und sind mithin von irgend einem freiheitlichen System so weit wie irgend denkbar entfernt. Sie können höchstens behaupten, das ihr Zwangs- und Zuchtsystem auf allen gleichmäßig laste und mithin von keinem besonders empfindlich verspürt werden dürfte; allein das ist eine sinnlose Phraseologie, denn ein allgemeiner und auf Gegenseitigkeit beruhender Zwang hebt sich auf und ist mithin null und nichtig. Ist wirklich etwas derartiges unseren missverständnisvollen Freunden vor Augen schwebend, so erstreben sie, genau wie wir, die Zwanglosigkeit, und sie müssen mit uns schließlich im ‚freien Vertrag‘ als gesellschaftlichem Regulator einen Ruhepunkt finden. Wenn nicht, so bleibt der Vorwurf auf ihnen lasten, daß sie höchstens dem bestehenden System politischer Herrscherei und sozialer Vormundschaft der einen über die anderen eine milde Form zu geben bemüht seien.

Im Übrigen braucht man sich gar nicht erst in das Bereich einer noch unbekannten neuen Welt zu versetzen – weder auf den Mars, noch in ein sonstiges Utopia – um sich zu veranschaulichen, wie freie Verträge wirken.

Da ist z.B. der Weltpostverein. Die einzelnen Postorganisationen treten demselben ganz nach freiem Ermessen bei und können auch wieder ihren Rücktritt bewerkstelligen. Diese Kontrahenten vereinbaren gegenseitig, welche Dienste sie einander leisten wollen, um einen möglichst praktischen und wohlfeilen Postverkehr zu erzielen. Es gibt da keine internationale Rechtsinstanz, bei welcher ein Vertragsbrüchiger eingeklagt oder exekutorisch zur Pflichterfüllung gepreßt werden könnte. Dennoch wird da der ‚freie Vertrag‘ eingehalten – einfach deshalb, weil jeder Vertragsbruch mit einer Selbstschädigung verknüpft wäre, und weil es mithin das Interesse einer jeden der vertragschließenden Parteien erheischt, nicht kontraktbrüchig zu werden. Stellen sich doch Unregelmäßigkeiten oder sonstige unvorhergesehene Übelstände ein, so finden Konferenzen statt, und es werden die nötigen Verbesserungen frei vereinbart.
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Der kommunistische Anarchismus (3)

Mit der Institution des Privateigentums stehen und fallen alle jene schlechten Eigenschaften des Menschen, welche ihn heute verunzieren. Neid, Mißgunst, Habgier, Herrschsucht usw. haben bei kommunistischen Verhältnissen keinen Sinn, anderseits sind da Brüderlichkeit, Solidaritätsgefühl und Wetteifer im Interesse des Gemeinwohls Selbstverständlichkeiten. Deshalb wird und kann das Leben in der kommunistischen Gesellschaft nur ein völlig ungezwungenes und doch harmonisches sein. Und ein solcher Zustand paßt nicht in den Rahmen eines Staates, sondern nur in den der Anarchie.

Die ganze Staatlerei, wie sie in manchen Kreisen kommunistischer Parteien noch gepflegt wird, ist überhaupt nur auf Denkfaulheit, Herkommens-Schlendrian und Vorurteile zurückzuführen. Zum Teil hervorgegangen aus den Reihen der bürgerlichen Demokratie trägt eben mancher noch die Eierschalen seiner Herkunft mit sich herum und hängt sich an althergebrachte politische Formen. Es ist aber an der Zeit, daß dieselben abgestreift werden. Viele haben sich auch bereits in dieser Hinsicht so weit emanzipiert, daß sie gegen das Wesen des Anarchismus wenig mehr einzuwenden haben, nur das Wort wollen sie noch nicht verschlucken. Die reinste Gespensterfurcht!

Schließlich ist auch hinsichtlich der Taktik der Anarchisten gegenüber anderen Kommunisten eigentlich kein rechter Grund zum Hadern gegeben. Wer immer die heutige Gesellschaft negiert und die Einrichtung eines auf Gütergemeinschaft beruhenden sozialen Verhältnisses erstrebt, ist im Grunde seines Herzens Revolutionär. Der Unterschied zwischen den Anarchisten und den etwas zurückgebliebenen Mitstreitern derselben besteht in dieser Hinsicht hauptsächlich darin, daß die Letzteren sogenannte Opportunitätspolitik betreiben, während die Anarchisten eine solche Heuchelei verschmähen. So wenig dieselben betreffs ihrer Bestrebungen irgend etwas hinter dem Berge halten, so wenig verheimlichen sie die Mittel, welche sie zur Erreichung ihrer Ziele in Anwendung zu bringen für notwendig erachten. Sie sind keine Bluthunde, welche aus Lust an Mord, Brand der Revolution das Wort zu reden pflegen, sondern sie treiben revolutionäre Propaganda, weil sie wissen, daß noch niemals eine privilegierte Klasse auf friedlichem Wege gestürzt werden konnte, und weil sie fest überzeugt sind, daß die Bourgeoisie gleichfalls nur mittelst Gewalt wegzufegen ist.
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