Der kommunistische Anarchismus (1)

Johann Most – Der kommunistische Anarchismus

Da uns innerhalb der Gruppe das Thema „Anarchie und Kommunismus – gemeinsam uder gegeneinander?“ interessiert und es auch häufig Menschen in unserem Umfeld gibt, die das ansprechen veröffenlichen wir in den kommenden Tagen den Text „Der kommunistische Anarchismus“ von Johann Most. Die Abschnitte halten wir dabei kurz, dann ist es eine Art Lesekreis. Den ganze Text findet ihr bei zu großer Neugier hier unter https://www.anarchismus.at[…].

In jeder Tasche eine Bombe, angefüllt mit Dynamit, den Mordstahl in der einen, die Brandfackel in der anderen Hand – so stellt sich ein Gegner des Anarchismus in der Regel einen Anarchisten vor. Er erblickt in einem solchen einen Menschen, der, halb Narr, halb Verbrecher, nichts weiter im Sinne hat, als die Ermordung eines jeden, der nicht seiner Meinung ist, und dessen Ziel der allgemeine Wirrwarr, das Chaos, ist.

Eine derartige Vorstellung kann nicht Verwunderung erregen, weil ja jahraus, jahrein die Blätter aller nichtanarchistischen Parteien die Anarchisten solchermaßen zeichnen. Selbst in gewissen Arbeiterorganisationen wird die Sache so dargestellt, als ob ein Anarchist nichts weiter sei, als ein Gewaltmensch ohne jedes edle Streben; und die aller absurdesten Angaben über die Ziele der Anarchisten finden sich gerade in diesen Blättern.

… Ganz abgesehen von dem Dynamit- und Revolutions-Tatterich, die da zu hellem Zeter und Mordio wider die Gewalttaktik der Anarchisten führten, wird hinsichtlich der anarchistischen Prinzipien in diesen Zeitungen gelogen. Denn was kann es anderes sein als Lüge, wenn behauptet wird, daß der jetzige Kapitalismus identisch sei mit Anarchismus, oder wenn man gar den Anarchisten nach zureden sucht, daß sie die Rückkehr zur Kleinbürgerei erstreben?

Was zunächst die Gewalttäterei betrifft, von welcher man behauptet, daß sie das Streben der Anarchisten decke, so kann und soll nicht geleugnet werden, dass die meisten Anarchisten allerdings die Überzeugung hegen, die heutige Gesellschaft sei nicht durch friedliches Beginnen zu Fall zu bringen; allein diese ihre taktische Stellung hat, wie wir später sehen werden, an und für sich mit dem Anarchismus nicht mehr zu schaffen, als irgend eine Taktik mit irgend einem Prinzip.

Der Anarchismus ist vielmehr zunächst der Inbegriff einer bestimmten Weltanschauung, einer speziellen Gesellschaftsphilosophie; denn ja, man kann geradezu sagen der Gesellschaftsphilosophie, denn wer die Welt und das menschliche Leben in ihrer ganzen Tiefe und bisherigen Entwicklung betrachtet und hinsichtlich der wünschenswerten Gestaltungen der menschlichen Gesellschaft konsequente Schlüsse zieht, der kann auch nicht verfehlen, einen Ruhepunkt für seine Folgerungen in nichts Anderem zu finden, als in der Anarchie, weil jeder sonstige Begriff nur eine Halbheit, Flick- und Stückwerk wäre. Anarchie heißt Herrschaftslosigkeit, mithin ist im Anarchismus ein Streben gegeben, das darauf hinausläuft, einen solchen Zustand herbeizuführen, bei welchem keinerlei Beherrschung der einen Menschen durch die anderen mehr stattfindet, so daß also von einem Staat, einer Regierung, von Gesetzen oder anderen Zwangsmitteln keine Rede mehr ist und wirkliche Freiheit für alle waltet.

Es fragt sich nun zunächst: ist ein solches Verhältnis wünschenswert? Wer aber, der nicht etwa die heutigen Zustände für vorzüglich hält (was bei den Angehörigen der herrschenden Klassen mehr oder weniger zutreffen dürfte), möchte wohl behaupten, daß er sich nicht nach Freiheit sehne? Wer, der sich nicht als Knechtsseele deklarieren will, möchte wohl irgend eine Art von Herrschaft als erstrebenswert bezeichnen?

Nun wohl! Alle politischen Kämpfe, die sich im Laufe der Geschichte abspielten, waren Klassenkämpfe. Die einen suchten ihre Herrschaft (Anarchie) über die von ihnen unterjochten und ausgebeuteten Mitmenschen aufrecht zu erhalten, die anderen bemühten sich, das jeweilige System solcher Tyrannei zu zertrümmern. Und ob die Letzteren sich Anarchisten nannten oder nicht, so waren sie es doch, denn die Widersacher der Herrschaft können, wenn sie ohne Hintergedanken handeln, nichts Anderes wollen, als die Herrschaftslosigkeit (die Anarchie).

Schon der Umstand, daß gegenwärtig das Ringen der Völker nach Befreiung ein viel gewaltigeres und klareres ist, als alle früheren derartigen Kämpfe es waren, daß heutzutage ganz andere Vorbedingungen für die Erreichung des diesbezüglichen Zieles gegeben sind als in früheren Zeiten, und daß wir mithin augenblicklich der Anarchie viel näher stehen als man ehedem auch nur zu ahnen vermocht hätte, beweist sonnenklar, daß in dieser Hinsicht eine fortschreitende Entwicklung jener menschheitlichen Strömungen stattgefunden hat, welche offenbar den Beruf haben, alles Unfreie, Herrschaftliche (Anarchistische), vom Erdboden hinwegzuschwemmen und der unbegrenzten Freiheit, der Herrschaftslosigkeit (Anarchie) die Bahn zu ebnen.

Was ist demnach die Anarchie? Etwa eine willkürlich ersonnene Idee, eine Art Utopia? Mit nichten! Wir haben es vielmehr in der Anarchie einfach mit dem vorläufig absehbaren Ideal aller humanitären Bestrebungen, mit dem logisch und konsequent gedachten Ziele kultureller Entwicklung zu tun.

Wenn aber ein menschheitliches Verhältnis wünschenswert ist und gleichzeitig sich logisch aus dem Tun und Lassen der Menschen von Vergangenheit und Gegenwart folgern läßt, so fällt eigentlich die Frage nach der Möglichkeit eines solchen Zustandes, wie sie ja von weniger scharfsinnig Denkenden oft genug gestellt wird, nur noch schwach ins Gewicht.

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich bereits, daß die Anarchisten weder ‚reaktionär‘ sind, wie Böswillige behaupten, noch, daß sie im Hintertreffen der Freiheitskämpfer marschieren, sondern geradezu deren Avantgarde bilden. Um so alberner klingt die ewig wiederholt werdende Behauptung, daß der Sozialismus und der Anarchismus unvereinbare Gegensätze seien.

Angriff auf die Bundeswehr Ulm

Ein Text von der“Autonomen Antiterroraktion“ auf Linksunten:

„Wir haben in der Nacht vom 07. auf den 08.02. die Gebäude der Kaserne im Speidelweg 40 bemalt. Unsere Kunstaktion richtet sich thematisch an die gesamte Bundeswehr, besonders aber an die Karriereberatung, welche auch auf diesem Gelände ist. Anlass ist der Besuch von Offizieren bei der Friedrich-List-Schule Ulm, welche den Schüler*innen „den Job mit der Waffe“ schmackhaft machen wollen. Wir schrieben „Mörder“, „kein Werben fürs Sterben und „scheiß Bundeswehr“ gut sichtbar auf die Wand.

„Keine Sachbeschädigung!“ – Wir wollen Frieden!

Längst ist allen klar: Gewalt ist schlecht, da wird Leuten geschadet. Nach einer Demonstration, auf der die Teilnehmenden randaliert haben oder auch bei einer Sachbeschädigung am lokalen NPD-Büro sind sich alle einig, dass Gewalt nicht das richtige Mittel sei, selbst wenn die Kernaussage der Aktion unterstützt wird. Teilweise wird dann auch noch eine Form von Revisionismus betrieben, wenn behauptet wird, man sei dadurch nicht besser als die Gegenseite. Die Wahl der Mittel, so das Argument, sei das Entscheidende.

Dabei wird die Realität verkannt. Während rechte Gruppen gegen ganze Bevölkerungsgruppen hetzen und diese als minderwertig einstufen, wird von uns als Gruppe gegen jegliche Unterdrückung und Ausbeutung gekämpft. Der Staat und seine Institutionen, also Militär, Polizei, Abschiebebehörden …, sorgen für die Aufrechterhaltung eines Systems, in dem die Mehrheit der Menschen ausgebeutet wird. Ebendies versuchen wir zu überwinden. Allein hier sieht man schon die diametral gegensätzlichen Interessen und Ziele.

Warum Sachbeschädigung, warum die Bundeswehr?
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Die Freie Gesellschaft (3)

Weit gefährlichere, weil an Zahl und Einfluss ziemlich bedeutende, Elemente begegnen uns hinsichtlich der Tausch-Angelegenheit in der Gestalt der Zentralisalions- oder Zwangs-Kommunisten.

Wer Anders könnte nach ihrer Ansicht den Werth der Dinge abzuschätzen haben, als eine Art Taxirungs-Gottheit, eine höhere, gewissermassen allwissende Autorität, ein Staatsgötze, ein ökonomisches Monstrum?

Merkwürdig! Diese Leute thun sich so viel darauf zu Gute, dass nach der Werttheorie, welche ihr Herr und Meister formulirte, der Tauschwert einer jeden Waare gegeben ist durch die in derselben verkörperte nothwendige Arbeitszeit.

Was ist also einfacher, als die Schätzung des Waarenwerthes nicht nach einem die Wesenheit desselben verwischenden Geldmaasse, wie es die bisherigen Schacherer und Ausbeuter für gut befanden, sondern nach der Menge der darin steckenden normalen Arbeitsstunden?

Könnten aber nicht doch die Einen durch die Anderen beschummelt werden? Vielleicht – eine Weile – sicher nicht auf die Dauer.

Schon die Statistik der einzelnen Gewerke, die bei der Produktion und Konsumtion in der freien Gesellschaft sich als ganz unerlässlich erweisen wird, ja geradezu den allgemeinen Regulator für die Produzenten, wie für die Konsumenten darstellen dürfte, brächte eine solche betrügerische Manipulation alsbald an den Tag – könnte also nur vorübergehend, niemals dauernd wirken.
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Die freie Gesellschaft (2)

Teil 1 findet ihr hier

Eine zentralistische Organisation hingegen ist stets verknüpft mit einem starren Kasernenwesen. Das menschliche Individuum giebt sich da nicht mehr freiwillig hin, nein, es geht in dem Organismus völlig unter. Konsequent durchgeführter Zentralismus ist Diktatur einer persönlichen Spitze über die Masse – Monarchismus – Tyrannei! – Konsequent durchgeführter Föderalismus ist wirkliche, d. h. gleichheitliche Freiheit Aller, wie der Einzelnen – ist Herrschaftslosigkeit – Anarchismus!

Zentralismus ist in letzter Instanz Verknöcherung, Kastenthum, Chineserei. Föderalismus ist Ideenwettkampf, elastischer Entwickelungsschwung, rastloser Kulturfortschritt. Anarchismus ist die Harmonie der Menschheit!

Einige Anarchisten französischer Schule gehen in dieser Beziehung weiter und sagen, es werde in der zukünftigen Gesellschaft jegliche systematische Gliederung und insbesondere jede auch die freiwillig eingegangene Arbeitspflicht fehlen; ebenso könne da von einem Einkommen der Individuen je nach deren Arbeitsleistung nicht die Rede sein, weil ein solches Verhältniss nicht die volle und ganze individuelle Freiheit darstelle. Sie sagen, alle vorhandenen Dinge müssen da einfach Jedem zur unbeschränkten Verfügung stehen und Jeder werde dann schon ganz von selbst das Seinige zur Genussmittel-Erzeugung etc. beitragen. Diese Erklärung ist allerdings ungemein einfach, dürfte jedoch in weiteren Kreisen nur sehr schwach einleuchten und kann mithin als Agitations-Faktor keine besonders grosse überzeugende Kraft besitzen.

Wer kann überhaupt wissen, wie sich die Dinge äussersten Falles gestalten. Wir geben uns vorläufig damit zufrieden, solche Verhältnisse für die Zukunft zu muthmassen – denn über die Muthmassung hinaus geht natürlich Alles, was in dieser Hinsicht gesagt werden kann, überhaupt nicht, – welche die phantasiefreie Logik der Thatsachen nahe legt.

Jene Folgerung, wornach die Menschen der Zukunft ohne jede eingegangene Verpflichtung thätig sein werden, geht von der Annahme aus, dass alle Menschen eine angeborene Arbeitslust haben. Die Arbeit ist aber jedenfalls nur ein nothwendiges Uebel, eine unangenehme Sache, welche niemals ihrer selbst willen, sondern nur ihres Zweckes halber, nämlich deshalb betrieben wird, weil ohne Arbeit Genussmittel nicht hergestellt werden können. Eine Arbeitslust gibt es daher nicht, wenn auch manche Arbeit unter dem Einfluss der Gewohnheit etc. mehr oder weniger gern verrichtet und förmlich wie eine Spielerei betrieben werden mag.
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Unsere Gedanken

Unsere Gedanken

Unsere Gedanken gehen nicht von einem Volk aus.
Ein Volk, durch die Nation geeint, ein Schicksal?
Vielmehr sehen sie das Elend der Arbeitslosen,
Menschen ohne Obdach und viele Zeitarbeiter.
Und auf dem Hügel mit den Villen sind die Reichen,
mit Zäunen und Mauern um den Garten,
die Polizei und das Militär, die den Reichtum weniger schützt
und im Supermarkt der Detektiv, damit wir Essen nicht klau‘n.

Unsere Gedanken gehen nicht in die Kirche,
schauen ins Labor, in die Welt und benutzen den Verstand.
Sie sehen die Verklärung der Welt durch Glaube und Esoterik,
die Lüge, dass alles eine Probe Gottes ist, alles einen tieferen Sinn?
Es wird erzählt, die Wissenschaft liege falsch,
an Stelle von Einsichten für jedermann einsichtlich
tritt die „Wahrheit“ der Propheten und Pseudowissenschaft.
Es wird Vernebelt, damit wir die Tatsachen nicht erkenn‘.

Unsere Gedanken bleiben nicht hier – in Deutschland,
sie gehen hinaus in die Welt und bleiben mal hier mal dort.
Sehen die Kriege und das Elend, haufenweise Barbarei;
Verantwortliche dafür gibt es auch in Deutschland.
Solche, die davon profitieren, wenn ihre Handelswege geschützt.
Sehen die Ausbeutung der Arbeitenden durch die Fabrikbesitzer,
die Unterdrückung der Frau durch den Mann,
der „Anderen“ durch die Weißen, damit wir uns nicht verein‘.

Unsere Gedanken sehen jetzt ganz klar,
dass die Zukunft in ihrer Hand.
Sie wollen keine Regierung, keinen Glauben,
die aufrechterhalten, was besteht.
Sehnen den Kampf herbei,
Unterdrückte gegen Unterdrückende.
Aufbegehren und sich wehren,
wollen der Ausbeutung ein Ende bescheren.

Kollektiv 26 – Autonome Gruppe Ulm