Stuttgart 30.4.16

Die ruhige Unruhe überkommt uns alle.
Stehen wir da.
Das Geräusch ein immer lauter werdendes unterirdisches Kreischen das uns wach hält. Ob es Angst oder Vorfreunde ist an diesem frühen Morgen wissen wir nicht. Doch alles zusammen lässt und für einen Moment an unser Hoffnung glauben.
Die U-Bahn schließt die Türen.
Nah aneinander stehen wir da. Haben doch die selbe Motivation und sind dennoch so ungleich, unnahbar.
Da ertönt eine Durchsage.
Ein kurzer Zwischenhalt, angefordert von der Polizei.
Es wird unruhig. Ganz anders unruhig als am Anfang.
Eine Haltestelle vor der Messe steigen wir aus. Nun können wir die andere sehen. Erkennen können wir dennoch niemanden. So herrscht das Schwarze doch meist. Dabei sind wir ganz anders als Schwarz. Ist doch gerade hier ein Versuch zu zeigen, dass wir nicht akzeptieren was von den Parteien und dem Staat als legitim gilt.
Der Rassismus und der Hass schleichen sich weiter. Doch waren jene schon lang nicht mehr verborgen. Sind jene schon viel zu Lange sichtbar.
Das Geräusch der Rotorblätter durchschneidet die Luft.
Sind sie doch so weit weg, können wir die Bedrohung trotzdem spüren.
Das Heulen einer Sirene ist zu hören.
Das immer schneller werdende rollen von Autoreifen ist zu sehen.
Und plötzlich stehen wir ihnen gegenüber. Haben wir doch mit ihnen, der Polizei, gerechnet, war es doch ein Schock.
Es sind viele.
Was dann passiert ist uns unklar. Wir merken nur, dass welche rennen. Dass alle rennen.
Dann kommt das innehalten.
Es wird andere Wege geben. Es muss andere Wege geben. Jene sind nicht mehr wie wir, auch sie sind Mensch, genauso wie wir. Und irgendwann wir ihnen die Kraft fehlen.
Also rennen wir. Und mit einem Ziel und auch der Angst kann man viel schneller rennen. Das nasse Gras von der immer am frühen Morgen herrschenden Nässe ist an unseren Füßen zu spüren. Ist es am Anfang noch angenehm, kommt es doch schon bald zu einer unangenehmen Kälte, die uns begleitete. Der Dreck der dabei an den Schuhen hängen bleibt, erschwert es uns. Aber es ist egal
Dann kommt das plötzliche versagen des Atmens. Das Luftschnappen von einigen. Das Stoppen der Beine von vielen.
Doch sind die meisten schneller. Schneller als sie.
Aber der Kreis schließt sich. Und er wird immer enger.
Verhandlungen beginnen.
So gab es anfangs wirklich eine Hoffnung auf eine beidseitige Einigung. Doch wirklich Verhandeln tun nur sie.
Die Regeln beschließen sie.
Die Entscheidung beschließen sie.
Das Kontern entschließen sie.
Dann beginnt das Zweifeln.
Am Anfang nur einer. Und sie lassen ihn. Dann sechs weitere. Dann wir. Doch die meisten bleiben.
Und es ist nicht leicht. Galt unser Akt doch als sehr unsolidarisch und spaltet unseren Zusammenhalt.
Dann hörten wir erst viel, viel später an diesem Tag was mit jenen geschah, die der Polizei vertrauten.
Kessel über mehrere Stunden.
Festnahme mit Kabelbindern.
Das trinken, essen und aufs Klo gehen verweigert.
Den Anwalt untersagt.
Allerdings geschah bei allen, die auf diesem Feld standen noch etwas viel tiefgreifenderes. Ein Bruch in der allgemeinen Gedankenkette, zu glauben, zu hoffen, dass wir etwas zu sagen hätten. War hier die Gewalt, die sonst sich nur langsam unterbewusst im Leben mit schleicht, hier ganz wahrnehmbar, wenn der Versuch gewagt wird sich gegen den Allgemeine Zustand zu wehren.
So werden wir kriminalisiert, das Feindbild aufgebaut, das wir mit Willkür gegen sie seien. Dass die pure Gewalt sich nur in unserem Handeln widerspiegele. Dabei wird, wie es allgemein sich immer zeigt, das politische, warum sich unser Handel so bewegt, auf die kleinste weise bis zu keinem Beachtung geschenkt. Viel mehr sind wir das Sinnbild der nicht in den Rahmen passenden Ordnung.
Aber das wollen wir auch!
Auf einem anderen Weg zur Messe zu kommen, das vermuteten wir, ist aussichtslos. Hörten wir doch von jedem mit dem wir Sprachen, das die Polizei zu allem bereit sei. Mit gemischten Gefühlen, nicht aufzugeben, fahren wir dann trotzdem in die Mitte Stuttgarts.
Beim Aussteigen wollten wir nicht glauben, dass dies immer noch der Wirklichkeit entsprach.
So viele Menschen, in einheitlicher, völkischer Tracht.
Schreiend, Grölend.
Es roch nach Bier.
Die Wasen in Stuttgart.
Hat nun gerade Jeder andere Interessen. Hat uns die Gleichgültigkeit von ihnen doch wieder vor Augen gezeigt wie klein wir doch sind, wie notwendig wir doch sind. In einer Welt in der Gleichgültigkeit einher geht mit Akzeptanz.