Kurz zur Einordnung: Dieser Text entsteht aus dem erlebten einer kleinen Gruppe des Kollektiv.26, die sich entschlossen haben mit dem Bus einer NGO zur groß angekündigten „Kohle Stoppen“ Demonstration zu fahren. Der folgende Text ist also so gut wie ohne Einflüsse von Tagesmeldungen und erheblich beeinflusst durch erheblichen Schlafmangel und natürlich vollkommen subjektiv.
Soweit so gut.
Wenn wir die „Kohle Stoppen“ Demo im Hambacher Forst in wenigen Worten zusammenfassen sollten, so würden wir sie wie folgt beschreiben:
Tag der offenen Tür im Hambi!
Es ist zwar ein wenig polemisch formuliert, doch für uns war dies keine Demo, sondern ein „Tourismus-ähnliches“ Happening.
Den Tag, den wir erlebten, war geprägt von Neugier bis Voyeurismus, dem auch wir uns nicht entzogen haben. Neugier gegenüber den Ort, welcher Wochenlang Schlagzeilen und Meldungen produziert hat, voyeuristisch in dem Sinne, endlich selbst Barrikaden und vermummte Aktivistis zu sehen, zu berühren. Besonders auf dem Wiesencamp fiel uns dies auf, die Art und Weise wie Besucher dort herumgingen erinnerte uns an ein Rundgang in einem Freilicht-Museum. Hier noch ein kurzes Foto für den Social Media Account, da noch schnell vor Barrikaden posiert. Wir haben gesehen wie erste provisorische Baumhäuser und Barrikaden errichtet wurden, doch alles andere wurde bei der Räumung zerstört. Später standen wir an der Kante des Tagebaus mit hunderten anderen Menschen und wir waren noch stärker verwundert. Wir konnten an diesem Tag gemütlich dahin spazieren, wo bis vor wenigen Tagen noch ein verbotenes Gebiet war. Das Erreichen des Gebietes war zuvor nur durch das Aushalten erheblicher polizeilicher Maßnahmen, wenn überhaupt, möglich.
Eigentlich sollte sich das und die Entwicklung der letzten 24 Stunden wie ein Sieg anfühlen. Das Demoverbot wurde aufgehoben, die Polizei war in unserer Wahrnehmung kaum präsent und der Rodungsstopp beschlossen. Doch so fühlte es sich alles nicht an. Vielleicht ist es Pessimismus oder mangelndes Vertrauen in Judikative und Exekutive. Wir sind uns sicher, RWE wird nicht so schnell aufgeben.
Ein Rodungsstopp ist kein Kohle-Ausstieg, keine Garantie dass der Hambi bleibt; kein Aufarbeiten der langen Liste an brutalen Formen der Repression. Er ist womöglich eine Verzögerung, doch was die Gerichte endgültig entscheiden oder sich in der Kohlekomission bewegt, steht nicht fest.
Es war auch in Bezug auf das Verhalten der Polizei ein Tag der offenen Tür. Diese zeigte sich von einer zurückhaltenden Seite, im krassen Gegensatz zu dem massiven und gewaltvollen Vorgehen der letzten Wochen, Monate und Jahre im Hambacher Forst.
Wir wollen hier nicht einen durchaus zu benennenden Erfolg niedermachen. Es haben Aktivistis Strukturen aufgebaut und ununterbrochen Widerstand geleistet, nur deshalb wurde das Thema Hambacher Forst öffentlich bekannt. Die Baumhausdörfer und das anarchistische kommunale Zusammenleben welches geschaffen wurden, sind in unseren Augen bei dem gestrigen Protest vollkommen fallengelassen worden.
Wir teilen die Euphorie und die uns bisher zu einseitige positive Zukunftsperspektive nicht. Allerdings wollen wir auch nicht alle Teilnehmer*innen über eine Kamm scheren. Wir gehen auch davon aus, dass viele Teilnehmer*innen den Tag sinnvoll genutzt haben, sei es um Ihre Meinung medial kund zu tun oder durch das Ausführen von Aktionen.