Gestern tauchten in Ulm und Umgebung Plakate, Flyer und Container auf, die dazu aufforderten geklaute Waffen, Munition und Sprengstoff aus Bundeswehrbeständen abzugeben. Das Ganze ist eine Aktion des Künstler:innenkollektivs „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS), die wir unterstützt haben.
Warum wir das unterstützt haben und wieso Bundeswehr, verschwundene
Waffen und extrem rechte Strukturen gerade in Ulm und Süddeutschland ein wichtiges Thema sind, wollen wir in diesem Text kurz darstellen:
Vorab: Wir haben im Vorhinein darüber nachgedacht und diskutiert, ob wir das ZPS unterstützen sollen. Einige von uns sehen das Zentrum für Politische Schönheit kritisch, besonders die Aktion „Sucht Nach Uns!“ im Dezember 2019.
Wichtig für uns war, dass das ZPS damals eine Entschuldigung veröffentlichte. Diese und die Darstellung der Kritik an der Aktion sind auf der Seite des ZPS einsehbar.
Rein pragmatisch war für uns klar, dass eine Aktion des ZPS öffentliches Interesse auf ein Thema lenkt, das ansonsten kaum bis gar nicht in der Stadtgesellschaft Ulms besprochen wird.
Dabei gibt es eine Reihe von Gründen darüber zu sprechen:
- Horten von Kriegswaffen
- 17.08.2020: Mitarbeiter der Ulmer Bundeswehr hortet Waffen
- 09.09.2020: Maschinengewehr und weitere Weltkriegswaffen beschlagnahmt
- 15.10.2020: Hunderte Kriegswaffen, Wehrmachtsuniformen, Sprengstoff und weiteres bei 17 Hausdurchsuchungen beschlagnahmt. Zu zwei der Beschuldigten liegen wohl „staatsschutzrelevante Erkenntnisse“ vor. Ein extrem rechtes Motiv liegt nahe wie es ein Flyer und eine Kundgebung vom Libertären Treffen Rems-Murr deutlich geäußert haben
- Uniter Aktivitäten
- 2018 und 2019 gab es immer wieder einen Uniter Stammtisch in der Gaststätte „Zur Zill“
- Ein Uniter Vorstandsmitglied wohnte in Neu-Ulm
- Ein Uniter Mitglied arbeitet in einer Ulmer Security Firma
- Ein Uniter Safe-House soll sich in Ulm befinden
- weitere Vorfälle in Sicherheitsbehörden
- 13.10.2020: zwei extrem rechte Verdachtsfälle in der Ulmer Polizei
- 2017 kam es zu „Munitions-Verlust“ in Ulmer Kasernen
Das alles ist nicht neu. Die Recherchegruppe „Rechte Umtriebe Ulm“ veröffentlichte zu Uniter einen Artikel in ihrer Chronik von 2019. U.a. die taz recherchiert seit Jahren zu extrem rechten Netzwerken wie Uniter und Hannibal. In einem Interview mit der Augsburger/Neu-Ulmer sprachen wir vor etwa einem halben Jahr davon, dass Uniter eine unterschätzte Gefahr ist.
Und Reaktionen darauf in Ulm?
Hier und da ein wenig Lokalpresse, eine Veranstaltung der Linken-Partei zu Uniter. Sonst nichts.
Dieser Mauer des Schweigens, auf die wir bei unterschiedlichen Themen immer wieder stoßen, muss durchbrochen werden. Da wir auch nur eine Gruppe sind und nur weniges, von dem was uns wichtig ist und uns bewegt, umsetzen können, freuen wir uns über fast jede linke Aktion, die es in Ulm und Umgebung überhaupt gibt und die wir nicht selbst organisieren. Wir haben fast täglich mit fehlenden Wissen, Desinteresse oder Ignoranz von der sogenannten Stadtgesellschaft bei vielen Themen zu tun.
Aus diesem Hintergrund heraus und weil wir es für wichtig halten, eine Fehlerkultur zu leben, die auch zweite Chancen ermöglicht (wenn eine Reflektion und Selbstkritik stattfindet) haben wir uns entschieden die Aktion vom ZPS zu unterstützen.
Behörden haben ein Problem mit autoritären bis faschistischen Strukturen in ihren Reihen. Der tief verankerter Korpsgeist und ihr Selbstverständnis verhindern jede Aufklärung.
Medien-Resonanz: