Eine libertäre Sicht auf die Gründe des Veganismus. Warum radikaler Veganismus?
Mainstream Vegan-Materialien werden oft nicht auf klassenbasierten Perspektiven geschrieben, sie bauen deren Argumente auf Wohlfahrt anstatt auf Solidarität auf, und bieten individualistische und konsumkritische anstelle von kollektiven Lösungen an. Diese Broschüren bieten häufig die individuelle Entscheidung als Ursache für die industrielle Ausbeutung der Tiere, anstatt die dahinter liegenden wirtschaftlichen und hierarchischen Strukturen zu verstehen und die Leute zu bemächtigen sich gegen diese zu organisieren. Es ist deswegen notwendig, die Ursachen von Ausbeutung aufzuzeigen und eine umfassende Strategie zu entwerfen, anhand welcher die Ursachen nachhaltig bekämpft werden können.
Veganismus von rechts
Dazu kommt, dass der Mainstream-Veganismus oft von Rechten unterwandert wurde und wird und mittlerweile auch für viele rechte Gruppen ein Aktions- und Agitationsfeld darstellt. Das liegt an mehreren Umständen:
Die meisten veganen Gruppen sehen sich und das Themenfeld als unpolitisch. (Warum das gefährlich und falsch ist, soll dieser Text aufzeigen.) Das führt dazu, dass rechte Ideologie nicht erkannt oder verharmlost wird und alles dem Ziel „Veganismus“ untergeordnet wird. Es findet in vielen Fällen keine Abgrenzung nach rechts statt, da ein abstraktes „Hauptsache viele“ als wichtiger angesehen wird, als eine klare Positionierung. Oft führte dieses Vorgehen zu Zusammenarbeit mit rechten oder rechtsoffenen Strukturen und machte es meist verdeckt rassistischen oder antisemitischen Gruppen erst möglich unter dem Deckmantel des Veganismus eine breite Öffentlichkeit zu erlangen.
Ein weiteres Problem ist Ausrichtung als Ein-Punkt-Bewegung, da so der Veganismus ohne Widersprüche auch von Nazis propagiert und übernommen werden kann. Das passiert momentan zum Beispiel durch den „3. Weg“ oder die „Identitäre Bewegung“. Sich für Tierrechte einzusetzen steht einer ideologischen Kontinuität zu Nazideutschland oder gar zu den Germanen (so argumentieren zumindest die Rechten) nicht im Weg. Hitler und einige weitere Führungskader lebten vegetarisch und die Germanen hatten wohl ein Tier als Gottheit. Unter den Nazis wurden einige Tierschutzbestimmungen erlassen, welche vor allem ein propagandistisches Mittel waren und Antisemitismus verbreiten sollten. So wurde das Schächten und Vivisektion als „jüdische Medizin“ dargestellt. Ihr Verbot schränkte gleichzeitig die religiösen Rechte von JüdInnen ein. Tierversuche zum Testen von Waffen waren jedoch uneingeschränkt möglich. Der Veganismus lässt sich also antisemitisch umdeuten, durch das Hinzufügen weiterer Bestandteile. Rechte Gruppierungen können sich auch beim vermeintlich hippen Veganismus bedienen und sich für diesen einsetzen, um neue Mitglieder zu bekommen. Das Thema stellt dann einen Türöffner dar, welcher Leute auf einer vermeintlich unverfänglichen Ebene anspricht und den Strukturen das Erreichen von neuen Leuten erleichtert.
Oft wird das dann mit der Parole „Umweltschutz ist Heimatschutz“ verbunden. Hinter dieser verbirgt sich eine Überhöhung von Heimat und eine Blut-und- Boden-Ideologie, also der angeblichen Einheit des rassistisch definierten Volkskörpers mit seinem Siedlungsgebiet. Ein unpolitischer Veganismus ist also problematisch, da er mit rechten Ideen verbunden werden kann und für diese werben kann.
Deswegen muss ein Veganismus mindestens auch antifaschistisch sein, um sich mit seiner Vergangenheit und Gegenwart kritisch auseinanderzusetzen und eine rechte Übernahme des Themas zu verhindern. Eine klare Abgrenzung nach rechts ist mehr als notwendig! Warum das aber nicht ausreicht, zeigen die nächsten Kapitel.
Kapitalismus und Tiere
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