Kundgebung gegen jeden Antisemitismus

In Reaktion auf eine Protestaktion vor der Ulmer Synagoge, und die Zunahme von Antisemitismus, organisiert die Deutsch Israelische Gesellschaft Ulm am Donnerstag den 20.05.2021 eine Kundgebung unter dem Titel „Nein zu Antisemitismus!“ um 19 Uhr am Brunnen auf dem Münsterplatz.

 

Wir rufen mit zu dieser Kundgebung auf, weil wir es falsch finden, wenn verschiedenste Gruppen

  • ihren Antisemitismus als Israelkritik tarnen
  • die aktuelle Situation nutzen, um den Holocaust zu relativieren oder gar zu leugnen
  • Juden*Jüdinnen weltweit kollektiv für alles Mögliche verantwortlich machen
  • mal mehr mal weniger offen die direkte Zerstörung Israels fordern
  • Hand in Hand mit Mitgliedern von den faschistischen Grauen Wölfen bis zu fundamentalistischen islamistischen Gruppen marschieren

Zu einem Konkreten Vorfall vor der Synagoge in Ulm hatten wir uns bereits deutlich geäußert: https://twitter.com/Kollektiv_26/status/1392566429745037315

Stadgesellschaft Ulm und „flexible“ Positionierungen

Gleichzeitig rufen zur Mahnwache andere lokale Gruppen auf wie die CDU, CSU, der Oberbürgermeister, die SPD, die FDP oder die Grünen. Wir finden es heuchlerisch wie jetzt plötzlich alle ihr Maul aufmachen. Seit einem Jahr finden Querdenken Kundgebungen in Ulm und Neu-Ulm statt, auf denen antisemitische Verschwörungsideologien verbreitet werden. Aber weil sie dort Markus, Daniel und Isabel heißen, reich und weiß sind, hat es sie alle nie genug interessiert, um sich dagegen zu positionieren. Und selber Dreck am Stecken haben sie auch:

  • Die CSU Neu-Ulm, von der sich noch vor wenigen Monaten  Georg Nüßlein mit Markus Haintz, einem der zentralen Figuren von Querdenken, gemeinsam auf ein Podium bei Donau3FM setzte und deren Jugendorganisation an Volkstrauertagen um die im zweiten Weltkreig gefallenen Wehrmachtsoldaten trauert.
  • Der Oberbürgermeister und einige andere, die sich jetzt temporär mit Israel solidarisieren und dann doch bei den nächsten Ulmer Friedenswochen wieder mitmachen. Die Ulmer Friedenswochen sind wohl vieles, aber sich glaubhaft von Antisemitismus zu distanzieren können sie nicht.​​​​​​​

Über Ulm hinaus

Und auch über Ulm hinaus passiert gerade einiges. Wir verachten es, dass nun einige konservative Parteien bis hin zum extrem rechten Mob

  • die Lage ausnutzen, um im Gewand des Märchens vom importierten Antisemitismus ihren v. a. antimuslimischen Rassismus ausleben zu können
  • offen von Abschiebungen träumen, wie Bayerns Innenminister Hermann
  • letzte Woche noch einen Maaßen verteidigten, der von „Globalisten“ und „Great Reset“ schwadronniert
  • und seit über einem Jahr zum Antisemitismus bei Querdenken schweigen

Die Idee, Antisemitismus sei ausgerechnet in diesem Land importiert, zeugt von unglaublicher Geschichtsvergessenheit.

Jetzt geht es um einen realen und blutigen Konflikt in dem politische Interessen auf den Kosten von Zivilist:innen ausgetragen werden.

Da helfen keine Solidarisierungsbekundungen auf Twitter oder ein Share Pics auf Instagram.

Was wir tun können und werden, ist Antisemitismus zu benennen und entgegenzutreten, der lokal vor unserer Nase stattfindet. Denn am Ende sind die hier akut bedrohten Menschen Juden*Jüdinnen. Deshalb ist für uns und nach aktuellen Antisemitismus Definitionen ganz klar: Leute, die die räumliche Nähe zu Synagogen suchen, um gegen Israel zu protestieren, handeln antisemitisch.

Handlungen vom israelischen Staat können und werden kritisiert. Wenn dabei allerdings nicht zwischen Bevölkerung und Institutionen wie Regierung, Armee und Polizei getrennt, mit zweierlei Maß gemessen, die einzigartige Lage Israels historisch und aktuell als Schutzraum jüdischer Menschen nicht betrachtet wird, antisemitische Mythen oder Vernichtungsphantasien verbreitet werden und Hand in Hand mit islamistischen und nationalistischen Gruppen auf die Straße gegangen wird, dann verurteilen wir eindeutig dieses Verhalten.

Mehr zur Veranstaltung findet ihr auf der Facebook Seite des DIG Ulm.

Ausblick

Am Samstag den 22.05.21 ist unserer Kenntnis nach eine andere Kundgebung angemeldet, noch sind die Details unbekannt. Wir hoffen, dass es dabei nicht zu einer Wiederholung von antisemitischen Vorfällen wie in anderen Städten kommen wird.

Enden wollen wir mit einem Zitat:

„Ich, der ich sonst für keinen Staat besonders eintrete, der ich sonst über Staaten nicht gerade zimperlich denke und über den Nationalismus ausgesprochen bösartig, stehe für Israel ein, weil ich diesen Staat für notwendig halte. […]
Die Vernichtungslager, wo jüdisches Volk unterging, ohne sich zu wehren, und der Aufstand des Warschauer Ghettos, wo jüdisches Volk vernichtet wurde, indem es sich wehrte, diese zwei fürchterlichen Möglichkeiten, die einem Volk am Ende bleiben, forderten, damit sie sich nicht wiederholen, den jüdischen Staat. […] Einen erhabeneren Grund, einen Staat zu gründen, mag es geben, einen notwendigeren nicht.“
– Friedrich Dürrenmatt, „Zusammenhänge – Essay über Israel“, 1976