Südwestpresse als Hilfssheriff

In den letzten Tagen machte in Ulm eine angekündigte Banner Aktion von Klimaaktivist*innen große Schlagzeilen. Lokale und regionale Medien berichteten, dass diese angekündigt hätten auf das Wahrzeichen der Stadt, das Münster, zu klettern und ein Banner anzubringen. Prompt reagierte darauf die Polizei mit Drohungen und stundenlangem Präsenz zeigen auf dem Münsterplatz.
 
Von außen wirkte das erstmal verwirrend – warum wird so eine Aktion denn vorher angekündigt? Mittlerweile ist klar: Das ist so abgelaufen, weil die Südwestpresse eine Sperrklausel gebrochen hat und aktiv Partei ergriffen hat.

Nach einigen Tagen ist für uns jetzt ersichtlich, was genau passiert ist. Die Klimaaktivist*innen hatten eine Pressemitteilung mit Sperrklausel vorab geschickt und wollten somit die lokale Presse über die Aktion informieren. Nun wurde dieser Plan nicht ohne die geballte Kompetenz der Südwestpresse gemacht. Diese entschied sich nämlich, gepflegt auf die Sperrklausel zu scheißen und vorab zu berichten. Nachdem die Katze aus den Sack war, zogen die Aktivist*innen ihre Sperrfrist zurück. Und bis auf die Augsburger Zeitung wird das soweit wir wissen von niemanden sonst auch nur erwähnt.
 
Damit wurde faktisch die Aktion verunmöglicht, da die Ulmer Cops nichts lieber tun als 50 Meter vor ihrem Revier spazieren zu fahren um eine harmlose & symbolischen Aktion zu verhindern. Sie produzierte dabei noch einiges an Müllaussagen wie folgende:
  • die Kosten für den Einsatz soll einzelnen Personen angerechnet werden
  • das Anbringen eines Transpis soll Hausfriedensbruch sein
  • einzelnen Aktivist*innen wurde vorab ein „Betretungsverbot für den Großraum Ulm“ mitgeteilt, komischerweise nur Personen deren Namen in einer gewissen Pressemitteilung waren.
Dass die (Ulmer) Polizei Dünnpfiff von sich gibt und alles was mit Klima, Antifa, Links oder so zu tun hat nicht sonderlich mag, ist wahrlich nichts neues. Doch dass die SWP sich an eine Sperrklausel nicht hält und mutmaßlich Namen an die Polizei weitergibt, wollen wir in aller Deutlichkeit als das beizeichnen was es ist: Ein parteiischer Kackmove der aktiv eine politische Aktion verhindert hat.
 
Wir würden nach Jahren Pressearbeit in Ulm grundsätzlich davor warnen, die SWP über irgendetwas vertrauliches zu informieren. Das was wir bisher mitbekommen haben, reicht von falscher Faktengrundlage, wortwörtliches Kopieren von Polizeimeldungen, Weigerungen mit anonymen Gruppen Kontakt zu haben oder Gegendarstellungen wahrzunehmen, bis zu falschen Quellenangaben.
 
Wir wollen hiermit nicht in das wirre rechte Geschrei von Lügenpresse oder kontrollierten Medien fallen, doch eine Kritik an größeren und kommerziellen Medien überlassen wir nicht dem rechten Diskurs. Linke Kritik an Mediendarstellungen sollte sie an ihren eigenen Standards messen. Ihr gebt vor objektiv zu berichten? Wie entscheidet ihr welches Bild ihr nutzt, welche Personen interviewt werden, welche Nachricht wichtiger als die andere ist? Und für wen der Pressekodex gilt, mit wem gesprochen wird und mit wem nicht? 
 
Was ist denn Objektivität? Im konkreten Fall hat das Veröffentlichen der SWP dazu geführt, dass statt eine Aktion, welche Kritik an der CDU und Klimapolitik äußert, ein ganz anderes Bild in der Öffentlichkeit entsteht. Eine gescheiterte Aktion und eine starke Polizei, die schnell und eifrig reagiert.
 
Ein Polizeieinsatz von, für und mit der Südwestpresse
Diese Bilder von Polizeiautos vor dem Münster hätte es ohne sie nicht gegeben. Dieses Bild hat die SWP wortwörtlich selbst erstellt. In diesem Fall wird nicht berichtet, sondern das Ereignis selbst geschaffen.
 
Wir glauben das sind auch wirtschaftliche, statt objektive InteressenKletteraktion am Münster angekündigt – Klimaaktivisten wollen Banner enthüllen“, „Polizei verhindert den Klimaprotest“ das klickt sich halt gut. Viele Möglichkeiten können da eine Rolle spielen: fallende Print-Verkaufszahlen, weniger Angestellte, weniger Zeit & mehr Druck tagesaktuelle Schlagzeilen rauszuhauen und natürlich Klicks für die Online Abos zu generieren.
Das alles führt nicht zu gutem Journalismus (genauso wenig wie die berufliche Karriere des derzeitigen Chefredakteurs – Bild, die Bunte & Kölner Express).
 
Und genau diese Art von Journalismus – große Headline, wenig Inhalt, oft emotional aufgeladen (Empörung/Wut/Schock) – wirkt sich gesellschaftlich aus. In einer Zeit mit zunehmender Propaganda aus extrem rechten Kreisen, muss schlechter Journalismus in die Verantwortung gezogen werden, weil er durch das Fokussieren auf reißerische Inhalte einen weiteren Nährboden für rechtes Gedankengut bietet.
 

 
PS: Für alle die drauf angewiesen oder daran interessiert sind Lokalzeitung zu konsumieren ein Tipp.  Ein Abo in der lokalen Stadtbücherei geht oft mit einem Zugang zu online-Pressedatenbanken ein. Dort könnt ihr leicht verzögert vieles lesen, was sonst hinter einer Paywall versteckt ist.
 
PPS:  Die SWP haben wir schon vor ein paar Jahren mal gewagt zu kritisieren weil sie  AfD&Co eine Plattform bietet – in unserer Erinnerung waren einige Personen u.a. der SWP selbst, sagen wir mal, not amused darüber.